Noch vor kurzem vertrat man die Ansicht, dass SLE-Patientinnen aus Furcht vor einer Aktivierung der Erkrankung und wegen eines mit der Krankheit verbundenen Risikos für die Kinder nicht schwanger werden sollten. 1955 wurde in einer Studie eine Aktivierung der Erkrankung während der Schwangerschaft und im Wochenbett bei fast der Hälfte der untersuchten SLE-Patientinnen beschrieben; ein Drittel der Kinder starb! Spätere Untersuchungen beschrieben in 50-60 % eine Aktivierung des SLE in der Schwangerschaft. Die tödlich verlaufenden Komplikationen der Frauen sanken aber auf nahezu 0 %, während die kindliche Sterblichkeit unverändert bei ca. 30 % blieb. Verschiedene Untersuchungen nach 1980 ergaben in 7-50 % eine Aktivierung des SLE.
Diese sehr unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich unter anderem dadurch erklären, dass wir heute durch die uns zur Verfügung stehenden verfeinerten Labormethoden mit empfindlicheren Tests die Diagnose eines SLE früher bzw. auch bei leichten Krankheitsverläufen stellen können. Möglich ist auch, dass die Zahlen ungenau sind, weil man vielen Frauen aus Angst vor negativen Auswirkungen von vorneherein von einer Schwangerschaft abgeraten hat. Die Aussagekraft der meisten Untersuchungen ist außerdem insofern eingeschränkt, als es sich meist um sogenannte Fall-kontrollierte Studien handelt. Das heißt, man hat eine Gruppe von Patientinnen vor, während und nach der Schwangerschaft untersucht und den Verlauf dokumentiert. Es gab aber zur exakteren Gegenüberstellung keine direkte Vergleichsgruppe von Patientinnen, die nicht schwanger waren. Die Ergebnisse der Studien sind dementsprechend sehr unterschiedlich.
Beispielsweise kam eine holländische Studie aus dem Jahr 1990 zu dem Ergebnis, dass es in fast zwei Dritteln zu einer Steigerung der SLE-Krankheitsaktivität in der Schwangerschaft kam.
Schwere Schübe gab es nur selten, meistens handelte es sich um eher leichtere Krankheitssymptome wie Hautveränderungen, Gelenkbeschwerden, Rippenfellentzündungen, milde Blutbildveränderungen (z.B. Verringerung der Blutplättchen). Schwerwiegende Komplikationen wie Nieren- und ZNS-Beteiligung wurden nur vereinzelt beobachtet.
Zu einem vollkommen gegensätzlichen Ergebnis kam eine vielbeachtete amerikanische Untersuchung 1989. Es handelt sich um eine prospektive Studie an 80 SLE-Schwangerschaften. Hier zeigte sich nur bei 8 Frauen eine Steigerung der Krankheitsaktivität, und auch nach der Entbindung fand man keine vermehrten Schübe. Mögliche Gründe für die verschiedenen Ergebnisse können sein, dass man andere Ursachen für bestimmte Krankheitszeichen übersehen hat. Dies kann z.B. eine auch bei sonst Gesunden in 10 % der Schwangerschaften vorkommende Schwangerschaftsvergiftung" (Praeeklampsie) sein. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Ursachen ist wegen der hierbei vorkommenden ähnlichen Krankheitszeichen (Nierenversagen, Ödeme, Bluthochdruck, Gelenkbeschwerden) auch für den erfahrenen Rheumatologen schwierig. Neben der Schwangerschaft kann für eine Aktivierung der Erkrankung auch das Absetzen bzw. die Reduktion der vorher bestehenden Lupus-Therapie die Ursache sein.
Dabei zeigte sich eine etwa doppelt so hohe Zahl an missglückten Schwangerschaften bei SLE-Patientinnen. Den Grund für diese Unterschiede kennt man nicht genau, neben möglichen Gefäßveränderungen in der Plazenta diskutiert man den Übertritt von mütterlichen Antikörpern über die Plazenta zu dem Kind. Es gibt verschiedene Studien, die zeigen, dass die Krankheitsaktivität zum Zeitpunkt des Schwangerschaftseintritts für das Ausgehen dieser Schwangerschaft von wichtiger Bedeutung ist. Das Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt erhöht sich bei aktivem SLE um das Dreifache. Eine inaktive Krankheitsphase zu Beginn einer Schwangerschaft ist dagegen günstig!
Zusammenfassung:
Besteht ein Schwangerschaftswunsch, so sollte dies möglichst mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Die Risiken lassen sich durch eine regelmäßige Überwachung und Planung der Schwangerschaft vermindern. Es bestehen deutlich bessere Chancen für die Geburt eines gesunden Kindes, wenn der SLE bei Eintritt einer Schwangerschaft inaktiv ist. Eine bereits bestehende medikamentöse Therapie wird auf ihre Notwendigkeit überprüft. Medikamente können gezielt abgesetzt werden, wenn es die Krankheitsaktivität erlaubt. Nach Beendigung einer Therapie sollte die Schwangerschaft aber frühestens nach 3 - 4 Monaten geplant werden, da das Absetzen dieser Medikamente einen Schub auslösen kann. Auch während einer Schwangerschaft gibt es verschiedene, risikoarme Therapiemöglichkeiten (s.o.).
Wichtig ist eine regelmäßige immunologische und gynäkologische (Sono, Duplex) Überwachung. Generell muss jede Entscheidung und Empfehlung individuell getroffen und mit der Patientin besprochen werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem behandelnden Rheumatologen, Gynäkologen und der Patientin unterstützt hierbei einen positiven Schwangerschaftsverlauf.
FAZIT: Traut Euch Ihr schafft das! Gibt einem neuen Leben eine Chance. Ihr werdet es nicht bereuen.
Weitere Informationen und Hilfe für Patienten, Familie und Freunde sowie alle, die sich für die Krankheit interessieren findet Ihr in der Lupus-Selbsthilfegemeinschaft unter: